Warum es sichere Räume braucht – und was sie für mich bedeuten
Wenn Menschen zu mir in die Begleitung kommen, bringen sie oft Themen mit, die sehr sensibel sind: Sexualität, Nähe, Körpererfahrungen. Dafür braucht es etwas, das wir nicht auf den ersten Blick sehen können, das aber alles trägt: einen sicheren Raum.
Was ein sicherer Raum bedeutet
Ein sicherer Raum ist nicht einfach ein Raum mit vier Wänden. Es ist eine innere und äussere Haltung. Er bedeutet für mich:
- Hier darfst du sein, wie du bist.
- Hier gibt es keinen Druck, keine Erwartungen.
- Hier sind deine Grenzen willkommen und werden respektiert.
- Hier kannst du ausprobieren, spüren, lernen – in deinem Tempo.
Doch Sicherheit ist nicht für alle Menschen dasselbe. Was für den einen schon angenehm und entspannend ist, kann für eine andere Person noch überfordernd sein. Sicherheit ist immer individuell – sie hängt von Erfahrungen, Grenzen und dem eigenen Nervensystem ab.
Sicherheit ist individuell und situativ
Aus der Sicht von körperorientierter Arbeit ist Sicherheit kein fester Zustand, sondern ein subjektives Erleben. Es gibt nicht „den“ sicheren Raum für alle, sondern jeder Mensch spürt Sicherheit auf eigene Weise.
Darum kann es hilfreich sein, sich selbst Fragen zu stellen wie:
- Was brauche ich, damit ich mich im jetzigen Moment verhältnismässig sicher fühle?
- Ist es ein bestimmter Abstand? Mehr Informationen? Eine klare Abmachung?
- Welche Signale in meinem Körper zeigen mir, dass etwas zu viel wird?
- Welche kleinen Schritte geben mir ein Gefühl von Halt?
Diese Selbstreflexion macht es möglich, Bedürfnisse klarer wahrzunehmen und zu kommunizieren. So entsteht Sicherheit nicht nur durch den Raum oder die Begleitung, sondern auch durch die Fähigkeit, selbst Einfluss darauf zu nehmen.
Warum Sicherheit so wichtig ist
Gerade wenn es um Sexualität geht, sind viele Menschen geprägt von Erfahrungen, in denen ihre Grenzen nicht geachtet wurden. Unsicherheit, Scham oder Angst können dazu führen, dass der Körper in Anspannung bleibt.
In einem sicheren Raum kann das Gegenteil geschehen:
- Der Körper darf sich entspannen.
- Das Nervensystem spürt, dass keine Gefahr droht.
- Neue, positive Erfahrungen werden möglich.
Ohne Sicherheit gibt es keine echte Nähe – und keine echte Freiheit.
Ein sicherer Raum ist für mich kein „Extra“, sondern die Grundlage meiner Arbeit. Er ist wie ein Boden, auf dem du stehen kannst, während du Neues ausprobierst.
Sichere Räume geben Halt, damit Veränderung möglich wird. Sie erlauben, dass Menschen wieder Vertrauen in sich und in Begegnungen entwickeln können – Schritt für Schritt, in ihrem eigenen Rhythmus.
Und weil Sicherheit für jeden etwas anderes bedeutet, ist es für mich wichtig, dass Menschen in meiner Begleitung immer wieder reflektieren dürfen: Was brauche ich gerade, um mich sicher genug zu fühlen? Genau in dieser Frage liegt oft der erste Schritt zu mehr Selbstverbindung.
Meine Arbeitshaltung:
- Transparenz: Schon beim ersten Kontakt erkläre ich, wie ich arbeite, welche Methoden ich nutze und wo meine Grenzen liegen. Du darfst jederzeit Fragen stellen – und bekommst ehrliche Antworten. Es gibt keine „geheimen Schritte“ oder Überraschungen.
- Freiwilligkeit: Alles, was wir tun, passiert nur, wenn es für dich stimmig ist. Ein Nein ist immer willkommen und beendet die Situation sofort – ohne Rechtfertigung. Auch ein „Vielleicht“ oder „Ich weiss gerade nicht“ haben genauso Platz und werden erstmals als Nein verstanden.
- Klare Grenzen: Bestimmte Praktiken gehören nicht zu meiner Arbeit – zum Beispiel; sexuelle Stimulation. Ich bleibe immer angezogen. Diese Grenze ist nicht verhandelbar. So bleibt der Rahmen klar, und du kannst dich darauf verlassen, dass deine körperliche Integrität jederzeit geschützt ist.
- Verantwortung: Ich trage die Verantwortung für den Rahmen, für klare Absprachen und dafür, dass du nicht überfordert wirst. Gleichzeitig ermutige ich dich, Verantwortung für dein eigenes Tempo und deine eigenen Entscheidungen zu übernehmen. So entsteht ein Miteinander, das Sicherheit und Selbstbestimmung vereint.
Hinweis: Ich befinde mich derzeit in Ausbildung in Somatic Experiencing®. Elemente aus dieser Haltung und diesem Wissen fliessen in meine Arbeit ein. Eine SE-Therapie im engeren Sinn biete ich noch nicht an.